Der demografische Wandel führt dazu, dass der Anteil der Nacht- und Schichtarbeiter im mittleren und höheren Alter ansteigt. Damit nimmt auch der Anteil derjenigen zu, die nicht mehr in der Lage sind, nachts zu arbeiten. Was bedeutet das für Unternehmen und Mitarbeiter? Dipl.- Psych. Corinna Jaeger, wissenschaftliche Expertin des Instituts für angewandte Arbeitswissenschaft e. V. (ifaa) informiert.
„Wenn ein Mitarbeiter nicht mehr in der Lage ist, nachts zu arbeiten, wäre es natürlich der Idealfall seine Arbeitszeit dauerhaft auf die Tagschicht zu verlegen“, so Jaeger. Nicht jeder Betrieb hat diese Möglichkeit. „Darum müssen Unternehmen sich mit dem Thema im Vorfeld beschäftigen und sich über die Hintergründe informieren“, erläutert die Expertin. Es sind Fragen zu beantworten, wie: Welche Rahmenbedingungen und Verhaltensweisen können Nachschichtuntauglichkeit verursachen? Welche Kriterien liegen der Nachtschichtuntauglichkeit zu Grunde? Was können Mitarbeiter selbst und Unternehmen für ihre Mitarbeiter tun, damit diese dauerhaft gesund und leistungsfähig bleiben?
Nachtschichtuntauglichkeit muss medizinisch geklärt und bestätigt werden. Unter die Kriterien dafür fallen beispielsweise Diabetes oder Bluthochdruck, wenn sich diese durch diszipliniertes Verhalten (zum Beispiel in Bezug auf Schlaf, Ernährung, Bewegung) und vorschriftsmäßige Medikamenteneinnahme nicht gut einstellen lassen. „Das heißt nicht, dass jeder Diabetiker nachtschichtuntauglich ist. Dies kann nur ein Arbeitsmediziner beurteilen und feststellen, “ ergänzt Jaeger.
Ist einmal die Nachtschichtuntauglichkeit festgestellt, bedeutet dies allerdings nicht, dass der Mitarbeiter insgesamt arbeitsunfähig ist. Die eingeschränkte Einsetzbarkeit schließt lediglich den gesetzlichen Nachtzeitraum von 23:00 bis 6:00 Uhr aus. „Es kann auch sein, dass Mitarbeiter nach einer erfolgreichen Behandlung oder Umstellung der Lebensweise wieder nachts arbeiten können. Die Einschränkung muss kein Dauerzustand sein, “ erläutert Jaeger.
Die Expertin weiter: „Um Mitarbeiter dauerhaft gesund und leistungsfähig zu halten, muss die Arbeitsgestaltung arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen folgen.“ Diese Prävention ist im Arbeitszeitgesetz § 6(1) geregelt. Hiernach gilt, dass Schichtpläne arbeitswissenschaftlichen Empfehlungen folgend alternsgerecht zu gestalten sind. Zu den Empfehlungen gehören unter anderem: Maximal drei Nachtschichten in Folge, nach einer Nachtschichtphase sollten mindestens 24 besser 48 Stunden Freizeit folgen und Mehrbelastung bzw. Mehrarbeit sollte durch Freizeit ausgeglichen werden. Für die Umsetzung sind Arbeitgeber und Betriebsrat verantwortlich. Ebenso wichtig ist, dass die Mitarbeiter ihrer Verantwortung nachkommen, durch einen gesunden Lebensstil fit zu sein und zu bleiben.
Wie ein Schichtsystem optimal ausgerichtet werden kann, zeigt der ifaa-Film "Schichtarbeit arbeitswissenschaftlich gestaltet — entlastet Mitarbeiter und stärkt Unternehmen". www.arbeitswissenschaft.net/mediathek/ifaa-filme/
Für weitere Informationen zum Thema wenden Sie sich bitte an Christine Molketin unter c.molketin@ifaa-mail.de. Gerne steht Ihnen Frau Jaeger für ein Interview zur Verfügung.